Mittwoch, 13. Januar 2016

100 Tage Weltreise

2016/01/10 ein Reisefazit nach 100 Tagen auf Tour

100 Tage sind wir nun in der großen weiten Welt unterwegs. Wir haben den gestrigen Tag genutzt, um uns ein paar Gedanken zu unseren bisherigen Erlebnissen,  Erkenntnissen und Fazits zu machen. Wir sind gespannt, ob diese Gedanken am Ende der Reise auch noch zählen…
Die Perspektive auf die Dinge ändert sich beim Reisen. Das haben wir immer wieder gehört, bevor wir losgingen und tatsächlich können wir dem mittlerweile zustimmen. So viel Fremdes das man täglich sieht, sei es das Verhalten der Menschen, die Kultur, das Essen oder nur schon das Einkaufen. Immer wieder versuchen wir es in Relation zu dem Bekannten, also zu unseren Gewohnheiten zu stellen. Nicht immer klappt das, oftmals ist es aber sehr bereichernd eine neue Perspektive zu sehen.
Und so stellen wir fest:
Wann wird eine Reise zur Weltreise
Die ersten drei Wochen fühlten sich für uns an wie normaler Urlaub. Wir konnten nicht verstehen und hatten keine Vorstellung davon wie es ist, auf einer Weltreise / Langzeitreise zu sein.
Dann kam Indien und vieles lief nicht mehr so wie wir es ursprünglich geplant hatten. Zudem waren wir sehr weit außerhalb unserer gewohnten Komfortzone. Wir mussten anfangen zu improvisieren, uns treiben lassen und uns einfach auf das einlassen was kam. Und so kam auch das Gefühl, dass diese Reise anders ist, als unsere bisherigen Reisen.
Überhaupt haben wir den Eindruck, dass Indien der beste Einstieg für diese Reise war. Nach 1 Monat quer durchs Land, hat man das Gefühl, dass man auf alles vorbereitet ist und einen nichts mehr schockieren kann.
Das Gepäck
Wir haben, bis auf sehr wenige Dinge, wirklich gut gepackt. Haben all das dabei was wir brauchen ohne zu viel mit uns rumzuschleppen. Kleidung, vor allem T-Shirts werden vor Ort einfach ersetzt, wenn sie ausgeleiert und verwaschen sind oder wir sie nicht mehr sehen können.
Wir haben unser Gepäck gut im Griff, alles ist übersichtlich und schnell wieder eingepackt beim Standortwechsel. (Vero´s Tipps sei Dank)
Das  Budget
Bisher haben wir unser geplantes Reisebudget gut eingehalten. Zwar nicht für jedes einzelne Land, aber in der Summe passt es. In teureren Ländern ist es einfach das Budget zu halten, da wir hier oft in privaten Unterkünften sind, uns einfacher selber versorgen können und die öffentlichen Verkehrsmittel gut und günstig sind. In günstigeren Ländern fällt es uns schwerer mit dem  Budget. Hier gönnt man sich einfach mehr Luxus.
Unser Körper muss viel kämpfen
Immer wieder brauchen wir kleine Auszeiten, die uns unser Körper meistens recht deutlich zeigt. Dann liegt einer von uns (meistens Karin) mal einen Tag, oft mit Fieber, schlapp im Bett oder in der Hängematte. Das mag natürlich am Klima hier in den Tropen liegen, am fremden Essen und den fremden  Bakterien. Wir glauben mittlerweile auch, wenn unser Kopf zu voll ist mit zu vielen neuen Eindrücken, stellt unser Körper auf Ruhemodus und hat somit Zeit zum „Daten formatieren“. Am nächsten Tag ist alles wieder gut.
Was ich (Karin) mir deutlich einfacher vorgestellt habe, war die Konsequenzen mit meinen Beinen. Trotz allem hab ich es gut im Griff.

Frisch, fromm, fröhlich, frei
Trotz der oben genannten kleinen gesundheitlichen Aussetzer, fühlen wir uns grundsätzlich fit, gesund und wohl! Es geht uns körperlich wie geistig sehr gut.
Geri hat als kleiner Nebeneffekt auch noch deutlich abgenommen.

Reisen bildet, sagt man so schön
Und das stimmt. Wir haben uns zur Aufgabe gemacht, jedes Mal wenn wir ein neues Land „betreten“ uns ein wenig darüber einzulesen (über Politik, Wirtschaft, Bevölkerung und Kultur). Erstaunlicherweise bleibt doch einiges davon hängen. Vor allem aber macht es uns manches verständlicher, wie z.B. das Verhalten der Menschen oder deren Kultur. Besonders deutlich zu merken war das für uns in Kambodscha.

Wir Europäer sind nicht der Mittelpunkt der Welt
Alleine schon auf Grund der Bevölkerungszahlen (1,2 Mrd Inder und 1,3 Mrd Chinesen), heißt das, dass jeder dritte Mensch auf der Erde entweder ein Inder oder ein Chinese ist. Und wenn man durch Indien reißt wird einem das auch klar - sooo viele Menschen, die gefühlt überall sind.
Bei alltäglichen Dingen wie z.B. der Toilette wurde uns auch klar, dass nicht immer unser Standard überall zählt. So ist z.B. die „Hocktoilette“ , die „Popodusche“ und der Verzicht auf WC-Papier in Asien Standard, was für uns erst mal sehr gewöhnungsbedürftig ist. Wir suchen uns immer die westlichen Toiletten aus, wenn es geht.
Eine Anekdote zur Weltperspektive hatte ich (Karin) in Japan. Das war das erste mal, dass ich wirklich realisiert habe, dass nicht alle die Welt und all ihre Geschehnisse aus unserer Sicht sehen.  Wir standen irgendwo in Japan vor einer großen Weltkarte und meine erste Aussage war: „schau mal, die Weltkarte ist falsch“… aber sie war nicht falsch, nur gedreht. Japan war der Mittelpunkt darauf und nicht wie gewohnt Europa.

Der Dialog ist der Weg zur Wahrheit
Der Kontakt zu anderen Leuten ist ein prägender Bestandteil unserer Reise.
Wir haben auf unseren bisherigen Reisen auch immer Leute kennen gelernt, aber nie auf so intensive und innige Art und Weise. Wir gehen viel offener auf andere Menschen zu, nehmen uns die Zeit, die wir ja auch haben, uns mit anderen Leuten zu unterhalten. Und haben so viele tolle Begegnungen und sehr interessante, oft auch sehr tiefgründige und bereichernde Gespräche mit uns bis dahin fremden Leuten gehabt. Auch da war Indien vermutlich wieder der ideale Einstieg. Dort wurde man immer und überall von Menschen angesprochen ohne jede Berührungsangst. Und ein paar nette Bekanntschaften sind bestehen geblieben.

Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.    - Albert Einstein
Danke Tara für diesen schönen Satz.

„Der Dialog zwischen uns beiden ist super“  (Zitat Geri)
Auch nach 100 Tagen gemeinsamem Reisen und somit fast täglich 24 Stunden Zusammensein, haben wir uns immer noch was zu erzählen. Oft sitzen wir abends zusammen und reden viel, viel, viel.
Es wird uns nicht langweilig zusammen.

Wir gehen uns weniger „auf den Kecks“.
Am Anfang haben wir uns doch öfter mal gekabbelt, vor allem immer dann, wenn wir auf sehr engem Raum aufeinander waren oder sehr weit außerhalb unserer persönlichen Komfortzone waren. Wir reisen ja nicht durch die 4-Sterne Hotels der Welt, sondern wollen sehen wie es wirklich ist vor Ort. Und das heißt manchmal eben auch unbequemere Unterkünfte. Mittlerweile ist das viel weniger. Seit Japan haben wir einen guten Weg miteinander gefunden und wissen, wann wir eine Pause voneinander brauchen.
Auch wenn man den Partner schon seit langem gut kennt, nach 100 Tagen Weltreise kennt man ihn definitiv noch besser. Mit allen Höhen und Tiefen, Vor und Nachteilen und vermutlich in fast jeder erdenklichen Situation.

Wir haben unsere Rollenverteilung gefunden!
Schnell und bisher für uns beide sehr passend haben wir unsere Rollenverteilung gefunden. Wie auch schon in den 8 Monaten vor der Reise, als wir doch das ein oder andere um die Ohren hatten, zählt auch unterwegs für uns das Prinzip Oblivion: „Are we an effektive Team?“ – „Yes, we are“

Geri Aufgaben:
          -        1. Offizier (2. Entscheidungsbefugnis)
-        Kundschafter (Verhandlungen vor Ort, Auskundschaftung und Erstbegehung)
-        1. Versorgungsoffizier (Beschaffung Nahrung)
-        Funker (Erstellung Blog)
-        Offizier für Dokumentation und Fotographie
-        Bespaßungsoffizier (wir haben unser altes Hobby Musikraten wiederentdeckt… dafür braucht es einen DJ)
-        Techniker (alles was Technik betrifft inkl. Geräte aufladen)
Karins Aufgaben:
-        Käpitänin (1. Entscheidungsbefugnis)
-        Kommunikationsoffizier (Abklärungen via Telefon, Kontakt zur Heimat via Whatapp, Email, Skype)
-        2. Versorgungsoffizier (Wäsche, Pflege, Ausrüstungsgegenstände)
-        2. Funker (Korrekturlesen des Blogs)
-        Krankenoffizier
-        Sicherheits- und Sauberkeitsinspektor (jede neue Unterkunft wird erst mal gründlich  nach Sauberkeit begutachtet und grundsätzlich erkundet)
-        Reisefriseur
Wo bleibt der Rhythmus?
Eine negative Sache für uns ist: Wir haben bis heute keinen richtigen Tagesrhythmus gefunden, und dass obwohl, vor allem Geri, das von Anfang an wollte. Bisher war es schwierig das hinzubekommen. Vor allem die Reisetage (mal früh morgens, mal über Nacht, mal am Tag) und deren Folgen am nächsten Tag, machen es uns schwierig einen geregelten Tagesablauf hinzubekommen. Hinzu kommt, dass es am Anfang auch einfach schön war sich treiben zu lassen, ohne zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte Sache machen zu müssen. Mittlerweile haben wir aber doch das Bedürfnis Regelmäßigkeiten. Man kann seine „gelernten Tugenden“ halt auf Dauer doch nicht verbergen. Wir arbeiten daran!

Was haben wir bisher vermisst – was nicht
     Erstaunlich, dass dieser Satz jetzt von uns beiden kommt, aber wir vermissen wirklich den Sport! Auch hier wieder das Thema Regelmäßigkeit und was beim Sport so toll funktioniert, das Abschalten. Nur leider ist es hier einfach schwierig zum Umsetzen. Joggen gehen ist beinahe unmöglich, weil zu heiss und keine Ahnung wo hin rennen, es besteht die Gefahr sich im Dschungel zu verirren. Fahrrad fahren für Geri, geht auch nicht, weil kein Fahrrad im Gepäck, oder das Fahrrad vor Ort so schlecht ist, dass an eine Tour nicht zu denken ist.
      Ich (Karin) habe manchmal meine Nähmaschine vermisst. In einer der tollen Lodgen, in denen wir bisher waren, draußen auf der grünen Terrasse zu sitzen und zu nähen, wäre meine Idealvorstellung von einem perfekten Moment. Nun gut, die Maschine wäre wirklich zu schwer für das Gepäck gewesen.
      In den ersten Wochen war es für mich (Karin) ungewohnt nicht meine volle Kleiderauswahl zu haben, vor allem schicke Sachen und mich nicht zu schminken. Das verging mit der Zeit. Ich kann mich unterdessen auch ungeschminkt im Spiegel ertragen.
     Gutes Brot und guter Kaffee haben uns die ersten drei Monate sehr gefehlt. Reis und Toastbrot ist schon ok, aber es geht nichts über ein leckeres Körnerbrot! Guten Kaffee haben wir unterdessen in Indonesien wieder angetroffen, der wird hier angebaut.
     Nicht vermisst hingegen haben wir Fernseher, Netflix, generelle Medienunterhaltung. Wir waren uns sicher, dass wir irgendwelche Unterhaltungsmöglichkeiten brauchen würden, da uns bestimmt mal langweilig wird. Spannend zu sehen, dass dem nicht so ist. Fernsehen in den Hotels schauen wir so gut wie nie und Netflix geht hier in Asien nicht, aber wir hatten auch nie das Bedürfnis danach. Wir „gönnen“ uns ab und zu mal eine „original“ DVD aktueller Kinohits für 1 € am Straßenstand. Oder gingen wenn es sprachlich möglich war ins Kino. Das reicht uns völlig an Unterhaltung. Unsere Tage sind so ausgefüllt und vermutlich auch unsere Köpfe, dass wir das bisher nicht brauchen.
     Die einzigen Medien, die wir super finden sind Skype, WhatsApp und Email. Das macht es uns sehr einfach mit Familie und Freunden zu kommunizieren.
Wir sind froh, dass wir unseren Laptop mitgenommen haben (auch wenn wir das am Anfang auf Grund des Gewichtes immer wieder in Frage gestellt haben).
     Grundsätzlich war es für uns sehr interessant zu sehen wie wenige Alltagsgegenstände man wirklich braucht im Leben. Vieles ist „nice to have“, aber wirklich brauchen tut man das Wenigste. Wir hoffen, dass wir etwas von dem Gefühl mit nach Hause nehmen können und nochmals deutlich unser Hab und Gut entrümpeln!

Zu Guter Letzt: Alles wird gut!
Egal wie schief manches gelaufen ist, am Ende hat es immer irgendwie funktioniert, meistens anders als gedacht und oftmals sogar besser als gedacht.
 

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